Sonntag, 5. Juli 2009

Auslaufmodell Dollar?



Quelle: focus-online (Text Mika Hoffmann)

"Vertrauen – auf nichts anderem basiert der Wert einer Währung. Doch das Vertrauen in den Dollar schwindet. Der Anfang vom Ende der Leitwährung?

Gelächter. Von Studenten. An einer Universität in Peking. Das muss US-Finanzminister Timothy Geithner wehtun. Der Satz, der die Erheiterung hervorrief: „Der Dollar ist eine starke Währung.“ Die Szene sagt viel aus – über die US-Währung, über die verschobenen globalen Macht- und Wirtschaftsstrukturen. Denn aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Brasilien oder Russland stellen inzwischen offen die Vorherrschaft des Dollar – und damit Amerikas – in Frage. Für die einen heißt das: Der Greenback wird nicht nur an Prestige verlieren, sondern vor allem auch an Wert. Die anderen halten unbeirrt zum Dollar als der unumstrittenen Reservewährung Nummer eins. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hinterlässt an den Devisenmärkten deutliche Spuren. Kostete ein Euro im Herbst 2008 noch 1,25 Dollar, ist der Wert inzwischen wieder auf 1,40 Dollar je Euro abgesackt. Die kurzfristige Richtung des Wechselkurses vorauszusagen, trauen sich zwar die Experten immer noch zu, kommen aber zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Klar ist auf Sicht der nächsten Monate nur: Die Unsicherheit bleibt hoch. „Die Unsicherheit für den Dollar-Ausblick ist größer als jemals zuvor – aufgrund der Anforderungen an die Geld- und Fiskalpolitik der USA, des Aufstiegs des Euro und der Entstehung der Währungen der BRIC-Staaten als glaubwürdige Alternativen“, sagt Jim O´Neill, Stratege von Goldman Sachs.

2008 spielte der Dollar noch einmal seine klassische Stärke aus – vielleicht zum letzten Mal in seiner Geschichte: Er wurde zum Fluchtpunkt für Anleger aus aller Welt, die die Stabilität und die Liquidität der größten Wirtschaftsmacht und des größten Finanzmarkts der Welt suchten. Die Verzinsung amerikanischer Staatsanleihen sank auf Rekordtiefs. 3-Monats-Papiere warfen für einige Tage gar keine Zinsen mehr ab. Hauptsache, das Geld war angesichts der Turbulenzen nach der Insolvenz von Lehman Brothers erst einmal sicher geparkt. Das Blatt hat sich gewendet: Es kamen leise Zweifel auf, die immer lauter wurden. Angesichts der riesigen Ausgaben der US-Regierung und der Federal Reserve, um die Konjunktur zu stützen und den Bankensektor zu retten, werden Bedenken laut. Es geht um das Wertvollste, das die USA besitzen: ihre Bonität.
Wenn die chinesische Regierung offiziell „Bedenken“ äußert über den Wert der US-Staatsanleihen, die das Reich der Mitte als Währungsreserven hortet, deutet sich da mehr als Missmut an. Schließlich halten allein die Chinesen mehr als zwei Billionen Dollar. Dazu kommen noch 200 Milliarden in Brasilien, 350 in Russland und 240 Milliarden Dollar in Indien. Das entspricht 40 Prozent der weltweiten Währungsreserven.

Inflationieren die USA ihre Schulden?

Die Angst der BRIC-Staaten, aber auch der reichen Scheichtümer am Persischen Golf: Die USA könnten ihre Macht ausspielen, die sie über den Dollar als mit Abstand wichtigste Reservewährung der Welt besitzen. Das Kalkül: Sie entledigen sich ihrer Schuldenmassen, indem sie die Notenpresse anwerfen. Die Folge wären massive Verluste der US-Währung – die wiederum die Währungsreserven in den Notenbanktresoren der BRIC-Länder entwerten würden. Nicht alle Experten teilen diese Einschätzung: „Die Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Fed entspringen Mythen über die Ausweitung ihrer Bilanz“, konstatiert David Greenlaw, Anleihenexperte von Morgan Stanley. In den vergangenen Monaten blähte die US-Notenbank durch die Beleihung von Staats-, Unternehmens- und Bankanleihen ihre Bilanz von rund 800 Milliarden Dollar auf mehr als zwei Billionen Dollar kräftig auf. Für Kritiker ein Zeichen, dass die Fed die US-Schulden „monetarisiert“ – in anderen Worten – Geld druckt. Das wäre keine vertrauensbildende Maßnahme."

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