Samstag, 15. August 2009

Bundesweite dezentrale Flashmob Aktion zum 22. Todestag von Rudolf Hess

Nach dem erneuten Verbot des Rudolf Heß Gedenkmarsches in Wunsiedel rufen Teile des freien Widerstands im Zuge der Aktionswochen zu bundesweiten Flashmob-Aktionen auf. Dabei soll am 17. August um 19:30 Uhr in möglichst vielen Städten ein Auszug der Schlussworte von Heß verlesen werden:

Wieder wird der Polizeiapparat mobilisiert, Urlaubssperren verhängt, Versammlungsverbote ausgesprochen, Sondergesetze erlassen. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Rudolf-Heß Gedenkmarsch in Wunsiedel bleibt nun auch im fünften Jahr in Folge aus. Alles Erdenkliche wird getan, um die entscheidenden Punkte herauszuhalten, nicht zum öffentlichen Diskussionsgegenstand werden zu lassen, die für Rudolf Heß - nach 46 Jahren Haft - in seiner Ermordung endeten: Der deutsche Friedensplan, der neben dem sofortigen Rückzug aus Belgien, Frankreich und Norwegen und einer souveränen Lösung für Polen, Aufbauhilfen für die Zerstörungen in den besetzten Gebieten und umfangreiche Angebote für eine allgemeine und umfassende Abrüstung beinhaltete. Um der Forderung nach Offenlegung der von den Engländern bis zum Jahre 2017 unter Verschluss gehaltenen Dokumente, der Versammlungs- und Meinungsfreiheit, der Forderung nach Wahrheit und Gerechtigkeit Ausdruck zu verleihen, werden wir uns in vielen Städten der Republik zu Flashmobs zusammenfinden um gemeinsam einen Auszug der Schlussworte von Rudolf Heß vor dem Nürnberger Rachetribunal öffentlich zu verlesen. www.17august.info

Unter den Titel "Flashmobs: Sinnlos, schädlich, strafbar" (PDF) veröffentlichten Aktivisten aus Hamburg derweil ein Positionspapier, in dem die Autoren sich gegen eine solche Aktionsform wenden. Die Argumentation beschränkt sich darin jedoch im Wesentlichen auf den Hinweis, nicht angemeldete aber im Vorfeld geplante und beworbene Versammlungen seien illegal.

Es soll an dieser Stelle auf die müßige Debatte verzichtet werden, ob illegale Aktionsformen im Kampf gegen ein politisches System legitim sind, welches grundgesetzlich verbriefte Rechte seiner Untertanen permanent außer Kraft setzt, sobald jene Untertanen es wagen, solche Rechte zur Agitation missliebiger (aber gleichwohl nicht zwingend strafbarer) Positionen wahrzunehmen. Stattdessen bedarf die Behauptung aus Hamburg, Spontandemonstrationen seien der einzig gangbare und zudem aussichtsreichere Weg, einer näheren Betrachtung.

Zunächst darf nicht unerwähnt bleiben, dass auch Spontandemonstrationen mitunter rechtliche Konsequenzen haben, die im Ergebnis auf die gleichen Probleme hinauslaufen, mit denen Teilnehmer von Flashmobs rechnen müssen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Meissen 2006. Die "Effektivität" und der "Überraschungseffekt" sind im Vergleich zu Spontandemonstrationen bei Flashmobs nicht minder stark - im Gegenteil: Da die Autoren aus Hamburg den Aufruf offenbar zu wörtlich nehmen, sei das Konzept kurz erläutert: Kleingruppen planen und organisieren ihren Flashmob, führen ihn selbständig und ohne Bezug zu angekündigten Treffpunkten irgendwo dort durch, wo eine unmittelbare bzw. mediale Wahrnehmung als wahrscheinlich gilt.

Es ist unmöglich für politische Gegner oder Staatsschützer, all diese Orte im Vorfeld abzusichern und den Aktivisten dort "aufzulauern". Ein mediales Echo ist durch überregional zeitgleich stattfindende Aktionen wesentlich wahrscheinlicher, da auch personenstarke Spontandemonstrationen in aller Regel von überregionalen Medien "totgeschwiegen" werden. An den im Vorfeld angekündigten Treffpunkten wird der Staatsapparat gezwungenermaßen Personal bereithalten, um eventuelle unangemeldete Demonstrationen zu unterbinden - damit werden Ressourcen gebunden, die an den tatsächlichen Aktionsorten fehlen werden. Um dies ansatzweise auszugleichen, wird das Bereitschaftspersonal an besagtem Datum erhöht, Urlaubssperren werden verhängt und schon durch die dadurch verursachten beträchtlichen Kosten wird ein weiterer Grund für ein Medienecho geschaffen, welches zwar selbstverständlich negativ ausfallen, dem Hintergrund der Aktionen aber ein - wenn auch nur in Nebensätzen verstecktes - Sprachrohr verleiht.

Dass junge und unerfahrene Aktivisten bei Aufrufen zu Flashmobs "verheizt" werden, ist nur dann zu befürchten, wenn erfahrene Demonstranten ihre Teilnahme an einem neuen und unstreitig erfolgversprechenden Konzept verweigern und andere durch Fehlinformationen davon abhalten, sich im Vorfeld hinreichend mit der Aktionsform zu beschäftigen.

Ein Boykott des Flashmobs am 17. August aus fadenscheinigen Gründen ist letztlich nichts als die Verweigerung, dem oft beschworenen Ziel nach allen Möglichkeiten zu dienen. Ausgetretene Pfade, die allesamt nicht zum Erfolg führten, sollten bei jeder Gelegenheit verlassen werden - und gute Ideen brauchen gute Aktivisten, um umgesetzt zu werden.

Quelle: spreelichter.info


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