Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat das Verhalten der Bundesanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker scharf kritisiert. Der stellvertretende Leiter der Karlsruher Behörde, Bundesanwalt Rainer Griesbaum, hatte sich öffentlich über Schäubles Entscheidung beschwert, an der Sperrung der Verfassungsschutzakten zu Becker festzuhalten, und auf einer Freigabe bestanden. „Ein Bundesanwalt kann nur auf Einhaltung der Gesetze bestehen, auf sonst gar nichts“, sagte Schäuble WELT ONLINE. „Sollte Herr Griesbaum das nicht begriffen haben, sollte seine vorgesetzte Generalbundesanwältin ihn darüber belehren.“
Das Innenministerium will den Ermittlern nur unter Auflagen Einsicht in die Unterlagen gewähren. Damit sei die Bundesanwaltschaft keinen Schritt weiter, sagte Griesbaum. Wichtig sei es, die Unterlagen in gerichtsverwertbarer Form zu erhalten. Nur so seien die Rolle Beckers im Geflecht der „Roten Armee Fraktion“ (RAF) und besonders der Mord an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 zu beurteilen. Schäuble bewertete diese Einlassung „als unangemessen“. Er habe bei seiner Entscheidung vor einer schwierigen Abwägung gestanden. „Auf der einen Seite muss ich im Interesse der Sicherheit des Landes die Leistungsfähigkeit von Nachrichtendiensten sicherstellen. Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Die Dienste müssen in der Lage sein, einmal zugesagte Vertraulichkeit auch einzuhalten. Sonst gewinnen sie keine Quellen und wären international nicht mehr kooperationsfähig“, sagte Schäuble WELT ONLINE. Auf der anderen Seite stelle auch der staatliche Strafverfolgungsanspruch ein hohes Rechtsgut dar.
„Ich will natürlich eine mögliche Aufklärung des Mordfalls nicht verweigern. Deshalb habe ich in Abwägung all dieser Punkte entschieden: Sämtliche Akten, die beim Bundesamt für Verfassungsschutz vorhanden sind, stehen der Bundesanwaltschaft ohne Einschränkung zur Verfügung. Wenn die Bundesanwälte bei der Sichtung nun zu dem Ergebnis kommen, dass es in den Unterlagen Passagen gibt, die zur Aufklärung des Mordes an Herrn Buback relevant sind, dann müsste ich in einer Einzelfallabwägung erneut prüfen, ob ich sie für einen Strafprozess freigeben kann und damit öffentlich zugänglich mache“, sagte Schäuble weiter. Der Minister unterstrich, dass eine solche neuerliche Prüfung wiederum eine schwere Abwägung bedeuten würde und stellte klar: „Eine pauschale Freigabe sämtlicher Akten jedenfalls wird es nicht geben. Diese Entscheidung muss nicht jedem gefallen, aber sie ist zu respektieren.“
Verständnis äußerte Schäuble dagegen vor dem Wunsch des Sohnes von Siegfried Buback, Michael Buback, der ebenfalls die komplette Freigabe der Akten gefordert hatte. „Ich habe großen Respekt vor Professor Buback und seinem Engagement. Als Sohn des Ermordeten hat er selbstverständlich einen Anspruch auf Aufklärung und Gewissheit“, sagte der Minister der Zeitung. Er machte allerdings deutlich, dass er nicht glaube, „dass es irgendetwas zu verbergen oder zu vertuschen gibt. Da wird zu viel in die Akten hineininterpretiert.“ Quelle:welt.de
Hintergrund : Der Fall Buback
Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker hat im Gefängnis gut zwei Jahre lang mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet. Das geht aus einem Medienbericht hervor. Becker soll demnach von Herbst 1981 bis Ende 1983 dem Geheimdienst ihr Wissen über die RAF und über den Anschlag auf Siegfried Buback offenbart haben. Sie habe ein Honorar von 5000 Mark (ca. 2500 Euro) erhalten, berichteten der „Focus“ und der „Spiegel“ übereinstimmend. Zuvor war von bis zu 100.000 Mark (ca. 50.000 Euro) die Rede gewesen. Der von Becker als Todesschütze des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback belastete Ex-Terrorist Stefan Wisniewski ist unterdessen durch einen aktuellen Gen-Test womöglich entlastet worden. Wisniewskis Anwältin Edith Lunnebach sagte dem „Focus“, ein Abgleich der DNA ihres Mandanten mit der DNA der unbekannten Attentäter habe keine Übereinstimmung gebracht. Wie der „Spiegel“ berichtete, hat die heute 57-jährige Becker im Gefängnis rund zwei Jahre mit dem Verfassungsschutz kooperiert. Sie habe von Herbst 1981 bis Ende 1983 ihr Wissen über die RAF und über den Anschlag auf Buback offenbart. Becker habe dafür neben dem Honorar von 5000 Mark als Gegenleistung Hafterleichterungen und einen Strafnachlass gefordert. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ hat der Verfassungsschutz in einem der Bundesregierung vorliegenden Bericht ausgeschlossen, dass es zwischen dem Frühjahr 1972 und dem Frühjahr 1980 irgendeine Form der Zusammenarbeit gegeben habe. Zuvor war aufgrund eine Aktenvermerks der Stasi im Zusammenhang mit der Verhaftung Beckers vor einer Woche spekuliert worden, es habe schon seit 1972 eine Geheimdienst-Kooperation Beckers gegeben. Sie steht laut Bundesanwaltschaft unter dem dringenden Verdacht, an der Ermordung Bubacks und seiner zwei Begleiter durch die Rote Armee Fraktion (RAF) am 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein. Sie war damals wegen einer Schießerei bei ihrer Festnahme nach dem Anschlag zu lebenslanger Haft verurteilt worden, 1989 wurde sie jedoch begnadigt. Wegen der Ermordung Bubacks kam es aber bisher zu keiner Anklage Beckers.
Wenn es denn nichts zu verbergen gibt, warum werden die Akten nicht freigegeben? Fürchtet Herr Schäuble denn, dass unliebsame Wahrheiten und Vertsrickungen ans Licht kommen? Ein einziger Mann entscheidet über Freigabe oder Geheimhaltung, eine Anmaßung an sich, bei der man sich gut und gerne in DDR Zeiten zurückversetzt fühlen dürfte. Nicht zu vergessen ist der relevante Fakt das es hier um einen Mordfall geht, zusätzlich um ein Verbrechen von RAF Terroristen und die Verstrickung des Verfassungsschutzes in diesen Fall. Doch wer wie Herr Schäuble seine Bürger pausenlos im Überwachungswahn gängelt, Bankgeheimnisse abschafft und permanent Telefone abhört, der ist sich auch nicht zu schade belastende Akten zu verstecken und unter Verschluß zu halten. Transparenz und Rechtstaatlichkeit sind Worte die wir langsam abetr sicher aus unserem Wortschatz streichen können, solange dieses demokratische System besteht.
Das Innenministerium will den Ermittlern nur unter Auflagen Einsicht in die Unterlagen gewähren. Damit sei die Bundesanwaltschaft keinen Schritt weiter, sagte Griesbaum. Wichtig sei es, die Unterlagen in gerichtsverwertbarer Form zu erhalten. Nur so seien die Rolle Beckers im Geflecht der „Roten Armee Fraktion“ (RAF) und besonders der Mord an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback 1977 zu beurteilen. Schäuble bewertete diese Einlassung „als unangemessen“. Er habe bei seiner Entscheidung vor einer schwierigen Abwägung gestanden. „Auf der einen Seite muss ich im Interesse der Sicherheit des Landes die Leistungsfähigkeit von Nachrichtendiensten sicherstellen. Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt. Die Dienste müssen in der Lage sein, einmal zugesagte Vertraulichkeit auch einzuhalten. Sonst gewinnen sie keine Quellen und wären international nicht mehr kooperationsfähig“, sagte Schäuble WELT ONLINE. Auf der anderen Seite stelle auch der staatliche Strafverfolgungsanspruch ein hohes Rechtsgut dar.
„Ich will natürlich eine mögliche Aufklärung des Mordfalls nicht verweigern. Deshalb habe ich in Abwägung all dieser Punkte entschieden: Sämtliche Akten, die beim Bundesamt für Verfassungsschutz vorhanden sind, stehen der Bundesanwaltschaft ohne Einschränkung zur Verfügung. Wenn die Bundesanwälte bei der Sichtung nun zu dem Ergebnis kommen, dass es in den Unterlagen Passagen gibt, die zur Aufklärung des Mordes an Herrn Buback relevant sind, dann müsste ich in einer Einzelfallabwägung erneut prüfen, ob ich sie für einen Strafprozess freigeben kann und damit öffentlich zugänglich mache“, sagte Schäuble weiter. Der Minister unterstrich, dass eine solche neuerliche Prüfung wiederum eine schwere Abwägung bedeuten würde und stellte klar: „Eine pauschale Freigabe sämtlicher Akten jedenfalls wird es nicht geben. Diese Entscheidung muss nicht jedem gefallen, aber sie ist zu respektieren.“
Verständnis äußerte Schäuble dagegen vor dem Wunsch des Sohnes von Siegfried Buback, Michael Buback, der ebenfalls die komplette Freigabe der Akten gefordert hatte. „Ich habe großen Respekt vor Professor Buback und seinem Engagement. Als Sohn des Ermordeten hat er selbstverständlich einen Anspruch auf Aufklärung und Gewissheit“, sagte der Minister der Zeitung. Er machte allerdings deutlich, dass er nicht glaube, „dass es irgendetwas zu verbergen oder zu vertuschen gibt. Da wird zu viel in die Akten hineininterpretiert.“ Quelle:welt.de
Hintergrund : Der Fall Buback
Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker hat im Gefängnis gut zwei Jahre lang mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet. Das geht aus einem Medienbericht hervor. Becker soll demnach von Herbst 1981 bis Ende 1983 dem Geheimdienst ihr Wissen über die RAF und über den Anschlag auf Siegfried Buback offenbart haben. Sie habe ein Honorar von 5000 Mark (ca. 2500 Euro) erhalten, berichteten der „Focus“ und der „Spiegel“ übereinstimmend. Zuvor war von bis zu 100.000 Mark (ca. 50.000 Euro) die Rede gewesen. Der von Becker als Todesschütze des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback belastete Ex-Terrorist Stefan Wisniewski ist unterdessen durch einen aktuellen Gen-Test womöglich entlastet worden. Wisniewskis Anwältin Edith Lunnebach sagte dem „Focus“, ein Abgleich der DNA ihres Mandanten mit der DNA der unbekannten Attentäter habe keine Übereinstimmung gebracht. Wie der „Spiegel“ berichtete, hat die heute 57-jährige Becker im Gefängnis rund zwei Jahre mit dem Verfassungsschutz kooperiert. Sie habe von Herbst 1981 bis Ende 1983 ihr Wissen über die RAF und über den Anschlag auf Buback offenbart. Becker habe dafür neben dem Honorar von 5000 Mark als Gegenleistung Hafterleichterungen und einen Strafnachlass gefordert. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ hat der Verfassungsschutz in einem der Bundesregierung vorliegenden Bericht ausgeschlossen, dass es zwischen dem Frühjahr 1972 und dem Frühjahr 1980 irgendeine Form der Zusammenarbeit gegeben habe. Zuvor war aufgrund eine Aktenvermerks der Stasi im Zusammenhang mit der Verhaftung Beckers vor einer Woche spekuliert worden, es habe schon seit 1972 eine Geheimdienst-Kooperation Beckers gegeben. Sie steht laut Bundesanwaltschaft unter dem dringenden Verdacht, an der Ermordung Bubacks und seiner zwei Begleiter durch die Rote Armee Fraktion (RAF) am 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein. Sie war damals wegen einer Schießerei bei ihrer Festnahme nach dem Anschlag zu lebenslanger Haft verurteilt worden, 1989 wurde sie jedoch begnadigt. Wegen der Ermordung Bubacks kam es aber bisher zu keiner Anklage Beckers.
Wenn es denn nichts zu verbergen gibt, warum werden die Akten nicht freigegeben? Fürchtet Herr Schäuble denn, dass unliebsame Wahrheiten und Vertsrickungen ans Licht kommen? Ein einziger Mann entscheidet über Freigabe oder Geheimhaltung, eine Anmaßung an sich, bei der man sich gut und gerne in DDR Zeiten zurückversetzt fühlen dürfte. Nicht zu vergessen ist der relevante Fakt das es hier um einen Mordfall geht, zusätzlich um ein Verbrechen von RAF Terroristen und die Verstrickung des Verfassungsschutzes in diesen Fall. Doch wer wie Herr Schäuble seine Bürger pausenlos im Überwachungswahn gängelt, Bankgeheimnisse abschafft und permanent Telefone abhört, der ist sich auch nicht zu schade belastende Akten zu verstecken und unter Verschluß zu halten. Transparenz und Rechtstaatlichkeit sind Worte die wir langsam abetr sicher aus unserem Wortschatz streichen können, solange dieses demokratische System besteht.
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